„Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?“ 

„Niemand!“ – war die Antwort aus dem Publikum. 

Auch heuer hatten sich die Schüler:innen am 30.5.2023 wieder zum traditionellen Literaturwettbewerb des BRG Krems Ringstraße in der Aula des Schulgebäudes eingefunden. 

Interessiert lauschten sie den modernen Märchen aus dem gleichnamigen Märchenbuch „Wer fürchtet sich vorm lila Lachs“ von Elisabeth Steinkellner. Unsere diesjährige Gast-Autorin hat Märchen gegen den Strich gebürstet. So werden bei Elisabeth Steinkellner beispielsweise die Zwerge aus dem Grimmschen Märchen „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ zu den Särgen. Auch die Gedichte und Sprachspiele aus ihrem Band „Vom Flaniern und Weltspaziern“ fanden bei den Schüler:innen der 1. und 2. Klassen großen Anklang. 

Im zweiten Teil der Veranstaltung stand die Autorin für Fragen von Schülerseite zur Verfügung: Wie gestaltet sich der Berufsalltag einer Autorin? Wie ist der Weg von der ersten Idee im Kopf zum fertigen Buch im Bücherregal? Wie wird man überhaupt Schriftstellerin? Wie viel Geld verdient man in diesem Beruf? 

Viele Fragen wären noch zu stellen gewesen, allerdings war die Zeit gekommen, um als krönenden Abschluss des Literaturwettbewerbes die Siegerehrung vorzunehmen. 

Hier sind unsere Preisträger: 

1./2. Klassen:

  1. Platz Finn Reitinger, 2e
  2. Platz Lisa Lemp, 1a
  3. Platz David Kainzbauer, 1b

3./4. Klassen:

  1. Platz Luis Burker, 3a 
  2. Platz Luna Köhler, 4d
  3. Platz Magdalena Graßl, 4d

Oberstufe:

  1. Platz Laurenz Bäk, 7a 
  2. Platz Timo Oberleitner, 7a
  3. Platz Nick Freund, 6c

Die Texte der Preisträger:

Jodel ,hoch, Von Finn Reitinger, 2e

„Hände hoch! Das ist ein Überfall!“ Herr Huber Kurt, der Kassier der Bank erstarrte, als er die Rufe hörte. Da fingen auch die Leute in der Bank zu schreien an. Herr Huber erschrak, als er dem Bankräuber ins Gesicht sah. Vor ihm stand ein riesengroßes Murmeltier, mit einer Waffe in der Hand. Das Murmeltier warf Herrn Huber einen Sack zu und rief: „Los, Geld da rein! Und keine Tricks, sonst knallt es!“ Das Tier drehte sich zu den Leuten um und zielte mit der Waffe auf sie. „Das gilt für euch auch! Alle auf den Boden!“ Während das Murmeltier mit der Waffe wild herumfuchtelte, fing es laut zu jodeln an.

Herr Huber war total überrascht, und stopfte einfach das ganze Geld in den Sack. Dann gab er diesen dem Murmeltier. „Sehr gut, vielen Dank“, sprach das Tier mit höflicher Stimme. „Als Dank will ich Ihnen auch etwas dalassen.“ Herrn Huber wurde heiß. „Eine Bombe, sicher eine Bombe!“ dachte er. Er starrte den Bankräuber an, der etwas aus seiner Murmeltierbauchtasche zog. Ein Plüschmurmeltier! Der Dieb drückte den Bauch des Stofftiers. Da fing es auch laut zu jodeln an und wackelte hin und her.

Alle starrten verblüfft und völlig fasziniert nur noch auf das Plüschtier. Der Bankräuber rannte jodelnd aus der Bank und war weg. Jetzt erst drückte Herr Huber den Alarmknopf.

In den nächsten drei Wochen wurden von dem Räuber noch sieben Banken überfallen. Immer war er als Riesenplüschtier verkleidet. Er verletzte nie jemanden. Manche Menschen gingen sogar mehrmals die Woche zu ihrer Bank, weil sie bei einem Überfall den jodelnden Murmeltierdieb sehen wollten. Alle Zeitungen berichteten von dem seltsamen Bankräuber. Sogar im Ausland wurde von ihm gesprochen und geschrieben. Alle Kinder wünschten sich so ein Plüschtier, das der Dieb jedes Mal in der Bank zurückließ. Bald gab es nirgends mehr Murmeltierplüschtiere zu kaufen. Das jodelnde Murmeltier war ein Star.

Die Polizei war ratlos. Der Räuber hinterließ keine Spuren. Auf den Überwachungskameras konnte man nichts erkennen. Niemand wusste, wo der nächste Überfall stattfinden wird. Einige Angestellte in den Banken hofften sogar, bei einem solchen Überfall dabei sein zu können. Das Murmeltier mochte jeder, obwohl er ein Dieb war.

Nach drei Wochen war plötzlich alles vorbei. Kein weiterer Überfall mehr. Kein jodelndes Murmeltier und keine Plüschtierchen. Die Polizei fand nur eines Tages auf dem Schreibtisch des zuständigen Oberkommissars ein kleines tanzendes und jodelndes Murmeltier. Wer es gebracht hatte, konnte keiner sagen. Die Polizei war ratlos.

Nach einem halben Jahr traf plötzlich ein Brief im Präsidium ein. Darin war neben dem Foto des winkenden Murmeltierräubers vor einer wunderschönen Kulisse in Spanien zu lesen: „Hola amigos, su marmota les manda saludos desde España.“ Ein Kollege des Kommissars übersetzte den Text: „Hallo Freunde, schöne Grüße aus Spanien schickt euch euer Murmeltier.“ Neben dem Brief war ein Scheck für den Verein „Rettet die Murmeltiere“ über 1.000,– Euro zu finden. Die meisten Polizisten mussten lachen, der Kommissar aber kochte vor Zorn. So ging es fünf Jahre. Die Briefe kamen aus Frankreich, Kanada, Mexiko und Australien. Immer lag auch ein Scheck für den Murmeltierverein dabei. Danach kam nie wieder ein Brief. Der Räuber wurde nie gefasst.

Von dem jodelnden Murmeltierräuber sprachen alle noch sehr lange und der Kommissar jagte ihm sogar noch in seinen Träumen erfolglos hinterher.

Eine Rose für die Ewigkeit, Luis Burker, 3a

 

Vor längst vergangener Zeit lebte der Teufel mit seinem Sohn Luzifer in der Unterwelt. Der Teufel hasste die Menschenwelt, doch Luzifer wollte unbedingt wissen, wie es dort oben war. In langen Tagträumen malte er sich aus, wie es wäre, die Unterwelt zu verlassen und sich unter die Menschen zu mischen. Eines Nachts nahm er all seinen Mut zusammen, schlich sich an den Wachen vorbei und betrat durch das Portal unbemerkt die Oberwelt.

Lucifer verliebte sich mit dem ersten Blick in die Welt der Sterblichen. Die Schönheit der Pflanzen, der Sternenhimmel, der Geruch nach frischer Luft  überwältigten ihn und er beschloss, sich diese Welt genauer anzusehen und alles in sich aufzusaugen.

Bei seinem nächtlichen Spaziergang  gelangte er in einen Park. Er wurde magisch von einer alten Eiche  angezogen. Als er näher kam, bemerkte er eine wunderschöne Frau, die auf einer Bank unter dem Baum saß. Er war wie vom Blitz getroffen. Sein Herz pochte wie verrückt und etwas in ihm zwang ihn, sie anzusprechen. Der Name der jungen Frau war Ida und ihr ging es genauso. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Luzifer und Ida trafen sich von  nun an jede Nacht unter der Eiche und genossen ihre gemeinsamen Stunden. Sie spazierten durch die Wälder, machten Lagerfeuer, schwammen im See, lagen in Wiesen und versanken im Sternenhimmel oder saßen einfach nebeneinander und redeten und redeten.

Doch ihr Glück hielt nicht lange, denn der Teufel beobachtete seinen Sohn eines Nachts, als er erneut die Hölle heimlich verließ. Sofort schickte er Männer hinter Luzifer her, die ihn zurückbringen sollten. Luzifer bemerkte seine Verfolger und brach eine Rose von einem Strauch. Er lief zu Ida, übergab ihr die Blume und sagte: „ Warte auf mich! Bewahre die Rose als Zeichen meiner Liebe! Ich komme zurück zu dir!“ Kaum waren die Worte über seine Lippen gekommen, wurde er von Händen gepackt, die ihn zurück in die Unterwelt zogen.

Sein Vater, der Teufel, verdammte ihn zu hundert Jahren Gefangenschaft. Luzifer flehte ihn an, sprach von wahrer Liebe und versuchte es mit Versprechungen, doch sein Vater blieb bei der Entscheidung. So oft er auch versuchte zu fliehen so oft wurde er von den Wachen erwischt. Mit dem Bild von Ida vor Augen weinte  sich der Unglückliche jede Nacht in den Schlaf.

80 Jahre später gelang es Luzifer endlich, zu entkommen. Voller Vorfreude jubelnd rannte er zu dem Treffpunkt bei der Eiche. Doch alles, was er dort fand, war ein alter Grabstein mit Idas Namen. Daneben stand eine Vase und als Luzifer die vertrocknete Rose darin sah, war sein Schrei weit über die ganze Menschenwelt zu hören.

Das Leben ist vergänglich, die Liebe aber nicht.

 

Das jodelnde Klassenzimmer, Lisa Lemp 1a


Es war einmal ein wunderschöner Frühlingstag am Großglockner.
Sepp, das Murmeltier, saß in der Schule auf seinem Platz. Als die erste Stunde begann, verkündete
der Murmeltierlehrer, Prof. Mümmel, dass es einen Jodelwettbewerb geben werde. Alle Schüler
waren sehr aufgeregt. Der Lehrer meinte daraufhin: „Dieser Jodelwettbewerb ist etwas ganz
Besonderes also müssen wir sehr viel proben!“ Sepp fragte: „Was passiert beim Wettbewerb?“
„Beim Wettbewerb werden wir zuerst als Klasse im Chor auftreten und dann jodelt jeder einzelne
für sich. Und der Jodelstar Murmelfuß wird den besten Jodler oder die beste Jodlerin bestimmen
und dem Gewinner eine Überraschung überreichen.“ Mit einem Mal waren alle Murmeltierschüler
noch aufgeregter, denn der Jodelstar Murmelfuß ist weltberühmt und der allerbeste Jodler aller
Zeiten.
Als die Schule aus war, hoppelte Sepp ganz geschwind vor Freude nach Hause. Er erzählte alles
seiner Mutter und sie fand diesen Jodelwettbewerb ganz großartig. Sepp übte mit seinen
Mitschülern sehr viel im Klassenzimmer und auch zu Hause wurde nur noch gejodelt.
Nach einiger Zeit war es dann endlich soweit. Die Klasse ging auf einen kleinen Berg, der zwei
Kilometer von der Schule entfernt war. Als sie dort ankamen, sahen sie schon den Jodelstar
Murmelfuß. Alle waren sehr aufgeregt und freuten sich zugleich. Etwas später kamen die Mütter,
Väter und viele Verwandte. Das Publikum nahm im frischen Frühlingsgras Platz, welches noch
teilweise schneebedeckt war. Rundherum wuchsen Krokusse und Märzenbecher.
Plötzlich erklang es aus dem Lautsprecher: „Es geht los! Wir wünschen allen Schülerinnen, Schülern
und Gästen viel Spaß!“ In diesem Augenblick marschierten die Schüler auf die große Steinplatte,
welche als Bühne gedacht war. Sie jodelten im Chor, es war ein wunderschöner Jodelgesang. Man
konnte es gut hören, denn es gab ein Echo, das bis ins Tal hinunter reichte.
Anschließend wurde jeder Schüler einzeln aufgerufen, um zu jodeln. Zuerst jodelte Tim, dann Lola.
„Und nun bitten wir Sepp um seinen Auftritt“, ertönte es aus dem Lautsprecher. Aufgeregt und mit
etwas Lampenfieber stieg er die Steinplattenbühne hinauf, stellte sich in die Mitte und dann jodelte
er los: „Jodelhihi, Jodelhi, …“ Es war eine sehr schöne Melodie.
Als dann letztlich alle Schülerinnen und Schüler dran waren, stellten sich wieder alle auf der Bühne
auf und verbeugten sich vor dem Publikum. Dann überlegte der Jodelstar Murmelfuß kurz und sagte
schließlich entschlossen: „Der heutige Jodelkönig ist … Sepp!“ In dem Moment jubelte und klatschte
das Publikum. Ganz besonders Sepps Eltern trommelten so laut sie konnten. Sepp konnte es kaum
glauben und er freute sich sooooo sehr! Murmelfuß gratulierte Sepp zum Titel Jodelkönig und
reichte ihm seine Pfote. Dabei verkündete er die Überraschung für den Gewinner: Ein gemeinsamer
Fernsehauftritt in „OMF 1“ des österreichischen Murmelfunksenders mit einem Jodelduett von
Sepp und Murmelfuß. Und seine Klasse dürfte ihm dabei begleiten.
Sepp strahlte vor Glück! Ein Jodelduett mit dem berühmten Murmelfuß? Er konnte es kaum
glauben. Es wurden noch gemeinsame Fotos mit der ganzen Klasse gemacht. Auch ein Foto mit Sepp
und Murmelfuß durfte nicht fehlen.
Etwas später, wieder zu Hause angekommen, hängte Sepp die Fotos sofort in seinem Zimmer auf,
und immer, wenn er die Fotos sah, erinnerte er sich an das schöne Erlebnis.

Laurenz Bäk, 7A

Das kann ja nicht sein, jetzt geht mir der einfach so ein. Irgendwo auf einem Feldweg steh´ ich, ich weiß ja nicht mal, wo ich bin! Das kann nicht wahr sein, nein, ganz und gar nicht. Der geht gleich wieder. Ist schon alt. Geh an, geh an, geh an!

 Mist! Die Frau hat mal wieder rechtgehabt: Jetzt leg dir mal einen neuen Traktor zu, du geiziger Hund! Immer sagt sie sowas! Wie die nervt! Seit Jahren funktioniert er einwandfrei und heut, wo ich irgendwo im Nirgendwo unterwegs bin, geht er ein. War eh klar! Aber was funktioniert denn überhaupt nicht? Rauchen tut er nicht und Geräusche, die man von einem Traktor nicht hören sollt, hör ich auch nicht. Naja, ich hör ja gar nichts, läuft ja nicht. Da werd ich gleich fuchsteufelswild! Tschik? Tschik wär gut. Vorne in der Hemdtasche nicht, in den zwei vorderen Hosentaschen auch nicht und – Aha, in der linken Arschtasche sind sie. Was für ein Glück. So, ein Feuer, ein Feuer. Wo hab ich mein Feuer? Sag mir nicht, das liegt zu Haus in der Küche Scheißdreck! Jetzt reichts mir, nichts will heut und nach Haus komm ich auch nicht mehr. Was jetzt? Was hat mein Papa immer gesagt? In der Ruhe liegt die Kraft oder so irgendwie. Probiere ich mal. Tief ein und wieder tief ausatmen. Scheiße! So ein Scheiß, ehrlich wahr! Nichts hilft da, tief ein und tief aus! Mir reichts! Das ist peinlich, im Wirtshaus werden sie alle lachen, ich sehe es schon: Der geizige Fettsack ist gestrandet, weil er sich keinen neuen Traktor zulegen wollt!

Halt! Stopp! Ich muss auf meinen Blutdruck achten, hat der Arzt gesagt. Also probieren wir es noch mal mit dem Atmen. Tief ein und tief aus. Tief ein und tief aus. Tief ein und tief aus. Oho? Das hilft doch ein wenig. Jetzt mit kühlem Kopf an die Sache. So kühl wie er sein kann wenigstens. Ein kleines Wunder darf ich mir vielleicht vom Herrn Gott wünschen. War brav und fromm. Immer sonntags in der Kirche und gebetet hab ich auch vorm Schlafengehen. „Also was sagst du da oben im Himmel? Passt doch, oder? Mein Gebet und Lob für ein kleines Wunder?“ Das wär hoffentlich nicht zu viel verlangt. War brav und fromm.

Warum bemühe ich mich? Hilft doch nicht. Vom Herrn Gott verlassen und gestrandet im Nirgendwo. Kalt wird es schon. Dunkel auch. Nichts hilft mehr, also wofür mach ich mir einen Kopf? Jetzt noch irgendwelche Bemühungen anzustellen, hilft ja auch nicht. Das Ergebnis bleibt immer gleich: Ich sterbe einsam irgendwo im Hinterland, weil ich zu geizig war, mir einen neuen Traktor zuzulegen. Auf die Weise sehe ich wenigstens meine Frau früher oder später wieder. Was bilde ich mir ein, ein Leben nach dem Tod? Der Herr Gott hat mich ja jetzt schon verlassen, obwohl ich brav und fromm war. Den gibt es gar nicht! Nichts ist von Wichtigkeit. Früher oder später führt alles in das Nichts. Wie nennt sich das? Nihilismus glaube ich. Glaube ich halt an den Glauben, dass ich wenigstens an irgendwas glauben kann. Aber wofür glaube ich, wenn selbst der Glauben keinen Sinn trägt? Nichts hat einen Sinn, also glaube ich jetzt an nichts.

Jetzt, wo ich weiß, dass nichts einen Sinn hat und es sowieso egal gewesen wäre, ob mein Traktor nun angesprungen wäre oder nicht, lässt sich der Rest meines bedeutungslosen Lebens viel leichter leben. Es ist ironisch, dass ich mein ganzes Leben gebraucht habe, um den Sinn meines Lebens herauszufinden. Die Religion und alles für nichts. Die Suche nach einem Sinn hat ein Ende gefunden. Ein schönes Gefühl, nichts zu fühlen.

Blassorangehühner und Kirschkernschmarrn, Timo Oberleitner, 7A

Das Kind saß am ungedeckten Küchentisch.

Dem sein Alter ins ausgezehrte Kantengesicht geschrieben und für den sein Einzelkind an erster Stelle steht, dieser Mann sprach nicht nach der Schrift.

Mich nervte das, ich verstand ihn nicht, ich starrte ihn an, hinter mir die Küche, der Kirschgeruch, der kahle Kühlschrank, wo keine farbenfrohen Bleistiftzeichnungen mehr hingen, über uns dafür die surrenden Neonröhren, die den billigen Betonboden blassorange badeten, und deren Licht auch dunstig flackernd über die verkrampfte Hand des Kindes schwang, die es vom Ausschlag gerötet zärtlich auf seine legte, deren dürre, krallenartige Arbeitsfinger harte Zeiten jahrelang haben knochig und krüpplig werden lassen. Wie das Kind sie drückte, sah ich, es nach seiner Mutter plärren hörend, die buckligen Knochen müsste es durch die zähe Kaugummihaut spüren, dachte ich; lachend schüttelte er den Kopf, ich wusste sowieso nie warum.

Ich empfand Abscheu für die Sprache. Grauslich und unschön war die ja auch. Der spuckte die Worte, dieser Mann, und verzerrte die. Flache, rote Flecken auf seiner Zunge, sein Speichel schien zu schäumen, seine Zähne zu knirschen, seine Stimme wie Schlingpflanzenfäden in mein Nadelöhr, der aus seinem Schnabel ragende Lollistiel; konträr zu seinem beißenden, abgestandenen Zigarettengestank lutschte er die, hat mir das Kind mal erzählt, um mit dem Rauchen aufzuhören, die Schlecker, beim Sprechen zu sporadischen Unterstreichungsgesten seiner widrigen Oberflächlichkeitsreden aus dem Mund genommen und mit dem zerkauten Stiel in die Runde zeigend, das heißt, auf das Kind und mich, im rotbäckigen Gesicht des Mannes die Blässe eines Kaputten. Als verstünde ich ihn, krächzte der Mann immerzu, dessen Stimmton und Geschwafel gleich dem rauen, schmerzenden Geräuschpanorama wild flatternder, kranker Vögel in den Ohren stach und den Geist malträtierte; er glich ja gänzlich gierigem Federvieh, wie ich zum Vogellauschen und zur Vogelbetrachtung verbannt war, dass ich in Erwägung zog, meinen Kopf zu schütteln, nur ganz genau wusste, wie ich da so saß, dass ich sonst ja niemals wieder aus jenem Kopfschütteln herauskommen würde – mit dem Kind, das diesem Mann mit seinen interessevollen Blicken Brotkrümel vorwarf, was der Mann mit seinem ewigen Spucken auf den ungedeckten Tisch erwiderte – bis in den ewigen Tod hätte ich meinen Kopf noch zu schütteln, dachte ich, dieser Mann würde den Kopf schieflegen, ich räusperte mich; ich muss gehen. Ein Schmarrn sei das. Ich sagte nochmal, seitlich starrte er mich an, ich müsse gehen, blassorange Knopfaugen. Ich nahm den Kirschkern an der Hand, ein Schmarrn sei das, ich müsse gehen, dieser Mann, s‘ein verhurter Schmarrn, einen Scheiß müssen wir gehen, blassorange und wohin leicht, so ein gottverdammter Schmarrn sei das, himmelblau und drunter Stängel; der Kirschkern wollte sowieso nicht gehen, ich sagte ihm, wir müssten aber gehen, das sei kein Schmarrn, zur lackierten Türe hinaus, die lockt so buntstiftzeichnungslos, das stockwerkhohe Treppenhaus herab, das lockt so spiralförmig hoch, aus dem Legebatteriestall, dieses Huhn, das pickt, dem Kirschkern nach, ich zog ihn durch, das Huhn, das hust‘, es stolpert, schreit und schreit, verzerrt, in –

 

Nebelnächte, Hühner rauchend

Schnäbel kussecht, Mann, der pickt

Himmelblaue Blitzlichtaugen

unter schweren Sommerwolken

Starr’n nicht nach der Schrift

 

Kirschkernkind, genähte Schnäbel

Masthuhn taub gemartert plärrt

Pockennarben unter Federn

Grob gestutzt, üb‘ Leichenstille

Wenn ich Hühnerschädel zerr‘